Supersport-EM im Rahmen der SBK-WM

 

Mit der Startnummer 37 ging es für mich am  1.September-Wochenende nach Assen. Im Rahmen der Supersport- und Superbike-WM fand dort der 6. Lauf zur Supersport-EM statt. Dieser EM-Lauf ist der im EM- Kalender hochwertigste Lauf, da mit rel. vollen Rängen zu rechnen ist. Dementsprechend haben fast 40 Fahrer genannt. Letztendlich waren es 36, die das Training aufnahmen. 

Olli und ich waren am Freitag morgen gegen 2 Uhr am Welcome-Center angekommen und bekamen einen schönen Platz für die Nacht zugewiesen. Pünktlich eine halbe Stunde nach dem ersten Wecker-Klingeln standen wir dann auch auf, machten im Welcome-Center die Papier-Abnahme und bekamen die Tickets. Als wir dann reinwollten, kam direkt ein Offizieller zu uns, fragte nach der Größe des Zeltes, fuhr mit dem Roller zielstrebig ins SBK-Fahrerlager und wies uns einen Platz zu, der genau passte und auch noch schön gelegen war. Genial!

Ruckzuck bauten wir das Zelt auf, bestückten die R6 mit der neuen Startnummer und bereiteten uns aufs erste freie Training vor. Dabei bewunderten wir schon die hospitality von Foggy-Petronas und Ten Kate. Auch fiel uns schon auf, dass die meisten EM-Supersportler ein Ersatzmotorrad haben und zum Teil schon Zelte mit separater hospitality haben. Puh, dachte ich, das kann ja was geben. Zu meiner Überraschung war ich aber nicht der Einzige mit einer Vergaser-R6, noch ein Niederländer hatte ein solches Gerät, allerdings hatte auch er als Transport-Fahrzeug einen umgebauten Reisebus...

Jetzt erst mal was zur Strecke: Ein 6027 Meter langer Kurs, auf dem man viel Leistung gebrauchen kann. Viele schnelle Abschnitte (6. Gang mit Knie am Boden), viele überhöhte Kurven und eine reinrassige GP-Strecke.

Von den Zeiten her vergleichbar mit Brünn. Aber mit dem Unterschied, dass man in Brünn trainieren kann und in Assen nicht (außer auf dem kleinen Kurs, dort war ich allerdings zuletzt vor 4 Jahren). Ergo muss man in wenigen turns schnell werden. Also hinkt der Vergleich vielleicht doch ein wenig.

Leider hatte ich nur gebrauchte Reifen bei (hatte vergessen Neue in Schleiz mitzunehmen) und bin auf den Rennreifen von Schleiz ins freie Training. Ich kam in den 30 Minuten auf 2.20,7 min. Die Übersetzung war zu kurz und Ende SZ drehte ich bis in den Begrenzer.

Erstes Quali dann Freitag Nachmittag mit den selben Reifen (warum hatten eigentlich alle neue Reifen drauf???) und 2 Zähne länger. Ergebnis: 2.19,7 min, Platz 33 von 36. Ist halt EM. Spitze fuhr 2,08,9 min und damit schneller als Kelle in der WM. Blöderweise hatten wir vergessen das Datarecording einzuschalten, ergo gar keine Daten, aber mir fielen noch ein paar Dinge auf, die wir dann setuptechnisch ausmerzten, außerdem wusste ich noch einige Stellen an denen ich Zeit verliere. Aber 10 Sekunden??? Rätsel... Na ja, einige der holländischen Fahrerkollegen, die im Übrigen sehr freundlich waren, warfen dann mit ihren horsepower-Werten um sich. Einer kennt wohl den Arri Vos gut (fuhr mit wildcard den WM-Lauf). 135 PS, am Rad. Die durchschnittliche EM-Maschine (Mittelfeld) hat so um die 125 - 128 PS am Rad. Bei mir sollen es so gut 118 sein...

Fürs 2. Quali, das einzige was wir Samstag fahren konnten, suchte ich mir einen etwas frischeren Hinterreifen raus, der erst 2 (oder 3?) turns gelaufen hatte. Außerdem verkauften wir ein paar Teile aus unserem Fundus und kauften davon 1 Satz Bremsbeläge und neue Griffgummis. ;-). Ergebnis: 2,17,9 min, Platz 32, Spitze unverändert.

Mein highspeed lag bei rund 236 km/h, in der WM war der highspeed ein wenig höher: 264 km/h... Noch Fragen zum Thema Leistung? 

Samstag Abend machten Olli und ich dann einen Rundgang um die Strecke (1,20 Std.), dabei sahen wir uns bei unserem persönlichen Pitwalk die Foggy-Petronas und andere völlig zerpflückte Maschinen mal etwas genauer an. Wusstet ihr, dass es käufliche Ständer gibt, wo man die demontierte Verkleidung draufstecken kann? Ich nicht.

Der Hammer war aber die Boxenausstattung von Renegade-Ducati. Überall hingen japanische Graffiti-Bilder, ca. 3 x 3 Meter. Olli hat sie mit dem Handy fotografiert. Mal sehen ob die Bilder auch auf dem PC was hergeben.

Sonntag Mittag direkt nach dem SSP-WM-Lauf dann das EM-warmup um 14.15 Uhr vor vollen Rängen. Schalter gedrückt, ÖhöÖhöÖhöÖh. Batterie leer. Toll, das Ladekabel hat einen Wackler und die Batterie war nicht geladen. Kein Mensch hatte eine Batterie bei und es war Punkt 14.15 Uhr. Und jetzt? Ladegerät dran gesteckt. 2 Minuten später sprang sie an. Olli wollte mich zwar nicht rauslassen, aber ich wollte unbedingt und der Anlasser schluckt halt den meisten Strom, dachte ich mir...

Das warmup lief dann auch technisch einwandfrei (Glück gehabt) und die noch mal um einen Zahn längere Übersetzung schien noch besser zu passen. 

In einem Vollgas-Rechtsknick presste sich einer auf den Curbs so an mir vorbei, dass ich dachte, das geht nicht gut, das war's.. Mit viel Glück habe ich die Maschine grade noch auf der Strecke, bzw. auf den folgenden äußeren Curbs halten können. Das war das heftigste Überholmanöver, dass mir je passiert ist, Und das im warmup. Tststs. Egal, wir sind ja nicht beim Ringelpietz sondern bei der EM.

Danach bin ich auf den alten Schlappen noch gut in Fahrt gekommen, erst 2,17,5 min, dann 2,16,7 min. Habe mich fast erschrocken. :-) Um nichts kaputtzumachen bin ich 2 Runden später dann rausgefahren. 

Fürs Rennen packten wir noch den frischesten Hinterreifen drauf, den ich hatte. War leider ein Fehler wie sich später rausstellte, denn die härteste Mischung (BT002 Type 2) funktionierte nicht gut genug (dabei hatte Flü mir doch den Type 3 empfohlen...) und der Reifen rutschte beim Beschleunigen unangenehm, ich hatte mehrere ungewollte powerslides aus der Kehre raus. Leider musste ich da dann leider zurückstecken. Aber nach der Kehre kommt die Gegen"gerade" ein ziemlich langes Vollgasstück, dafür fehlte mir dann natürlich der Schwung. Ärgerlich, aber nicht mehr zu ändern.

Der Start selbst um 17.20 Uhr (1 Reihe hinter Max Müller) ist mir dann mal wieder nicht wirklich gelungen. Die Drehzahl brach zusammen. Am Zielstrich war ich Letzter, nach der ersten Runde aber schon 4 Plätze weiter vorn. Dann habe ich mir wieder einen gekrallt und konnte mich deutlich absetzen, allerdings konnte ich dem Tempo meines Vordermannes nicht folgen und so fuhr ich etliche Runden ganz alleine und wurde wieder etwas langsamer. Kein Wunder, die EM-Distanz war mit 14 Runden und 83 km deutlich länger als in der IDM. 

Dann überholte mich eine 749R. Ich musste den Fahrer ziehen lassen. In der letzten Runde zeigte Olli mir dann "+2" an, das galt aber natürlich für die Runde vorher. Ich wusste, mir hängt einer am Heck. Das bedeutete für die letzte Runde: Kampflinie und spät bremsen. 

Ich habe mich die ganze Runde lang fürchterlich breit gemacht und bremste die berühmtberüchtigte, schon häufig rennentscheidende Schikane 100 Meter vor SZ, spät und mittig an. Trotzdem setzte sich mein Hintermann innen neben mich und wir fuhren nebeneinander in die Rechts der Schikane. Er an den Curbs, ich fast an ihn angelehnt. Beim Umlegen in die Links hatte ich dann die etwas bessere Linie und kam auch noch gut weg. Mit knapp 9/100 Vorsprung bin ich in meinem ersten EM-Lauf dann als 26. abgewunken worden. Schnellste Rennrunde von mir: 2.17,3 min. Mehr war mit dem harten Hinterreifen für mich nicht drin. Dabei hatte ich eigentlich eine 2.15 min anvisiert. :-/ Man lernt halt nie aus.

Alles in allem bin ich damit aber trotzdem zufrieden, es war super viel Publikum da, mindestens 100 Streckenposten und das Publikum rund um den Kurs hat sogar dem Hinterfeld der EM noch zugejubelt.

Es war eine geile Veranstaltung! 

Als ich mich mit Kenan Sofuoglu unterhielt, erzählte er mir allerdings noch, warum das Rennen der SStck-EM bereits nach 8 Runden abgebrochen wurde: Der 20-jährige Italiener Alessio Perilli wurde nach einem Crash von einem nachfolgenden Motorrad überfahren und zog sich dabei Verletzungen zu, denen er auf dem Weg zum Krankenhaus erlag. Von hier aus Ollis und mein Beileid an die Familie und das Team.

Euer # 17 Martin

Was uns sonst noch aufgefallen ist:

- Dass man bei der EM für viel weniger Nenngeld mehr Leistung erhält. (1 freies Training, 2 Qualis, warmup und ein 83 km-Rennen) Die Auswertung verdient dabei auch diesen Namen.

- Dass allerdings kein off. Reifen-Renndienst da ist und der anwesende Race-Service halt etwas zusätzliches Geld kostet.

- Dass wir als 2-Mann-Team (Olli und ich) immer noch etwas zu wenig manpower haben, aber immer noch so viel, dass wir Max Müller mit seinem Opa noch beim Motorwechsel vor dem ersten Quali und beim Kupplungsdeckel-Draufsetzen 2 Minuten vor dem 2. Quali helfen konnten. 

- Dass Havana Max und mich schneller gemacht hat und Roman Stamm, der unsere Havana-Einladung ausgeschlagen hat, in der WM nicht richtig aus dem Quark kam. ;-)

- Dass der EM-Lauf das erste regenfreie Rennwochenende 2004 war

 

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