Im Blindflug über die Berg- und Talbahn
 

Das erste Saisonrennen zur IDM / R6-Cup

Als wir am Donnerstag dem 1. Mai 2003 im Fahrerlager des Sachsenrings eintrafen, war ich überrascht, wie sich das Fahrerlager seit 1997 verändert hat. 1997 hatte ich mein allererstes YAMAHA-ARAL-CUP-Rennen auf dem Sachsenring bestritten (Platz 18). Seitdem sind die Strecke und die Infrastruktur des Sachsenrings mindestens 100x umgebaut worden. Nichts erinnerte mehr an damals.

Da ich wußte, dass ein Großteil des Fahrerfeldes eine Woche zuvor bereits zum Kennenlernen der Strecke vor Ort war, machte ich mir aufgrund meines Sparbudget eh keine besondere Hoffnung auf eine gute Plazierung und wollte einfach das Bestmögliche aus der Situation machen.

Frohgemutes fuhr ich dann am frühen Freitag Morgen um 8.55 Uhr zum ersten freien Training raus und hängte mich in der ersten fliegenden Runde an ein paar Leute an, in der Hoffnung, dass ich dadurch schnellstmöglich eine brauchbare Linie finde. In dieser Runde fuhr ich eine 1.48 min, die nächste Runde war eine 1.41,9 min, in der darauf folgenden Runde war mein freies Training beendet. Die R6 fing im Drehzahlbereich so um die 8000 U/min an zu stottern und hatte kein Vorschub. Ich rollte dann in die Boxengasse und wußte nicht was los war. Ein paar Tage vorher lief sie noch einwandfrei und auch die Batterie war frisch geladen. Da ich schraubertechnisch mal weder alleine unterwegs war, fuhr ich nochmals raus und stellte fest, dass sie jetzt sogar im Bereich um 5000 U/min spuckte. Also, Training abgebrochen und auf Fehlersuche gegangen.

Angefangen bei dem Schlauch zu den Vergasern (Sprit drin), den Vergasern (vielleicht hat sich ja eine Hauptdüse gelöst?), über die Zündspulen (defekt?), die Kabelverbindungen (Stecker nicht richtig drin, Kabelbruch), die Batterie (zwar erst 4 Wochen alt, aber vielleicht doch nicht i.O.), die Kerzenstecker (Kabel richtig drin?), die Zündkerzen, den ohnehin immer noch nicht funktionierenden Drehzahlmesser bis zum Pickup (Verlötung lose?) habe ich alles überprüft und konnte nichts finden. Selbst ein Mechaniker von LAAKS konnte nichts finden.

In der Zwischenzeit fuhren die anderen Supersportler weiter ihr Training und hatten damit weitere 80 Minuten Trainingsvorsprung auf mich. Mein Hals wurde immer dicker und ich wollte bereits einpacken und nach Hause fahren, als Fritz, der Chefmechaniker von LAAKS und dieses Jahr zuständig für die R6 von Philipp Hafeneger noch eine Idee hatte: Den Austausch des gesamten rechten Motordeckels, also dem kompletten pickup.

Also probierte ich auch dies aus und brumm, da lief sie wieder! Das Supersporttraining war natürlich vorbei. Teamchef Holger Hänel ging zur Papierabnahme und erreichte, dass ich ohne Mehrkosten wenigstens noch beim letzten turn des YAMAHA-Cups ein paar Runden drehen konnte.

Mit schwarzen Fingern und langsam abschwellendem Hals setzte ich die R6 wieder zusammen. Bei uns sah es aus, wie auf dem Schlachtfeld, da wir abends das Vorzelt nicht mehr aufbauen konnten (unsere Tochter schlief im Wohnwagen). Irgendwie habe ich es dann hingekriegt und habe alles, was rumlag irgendwie an die R6 drangebaut. Kombi an, Helm an und ab zur Strecke. Mit uralten Reifen und dickem Kopf fuhr ich dann nicht eine Runde unter 1,42,3 min. Vom speed her ging meine R6 mit dem alten Motor (vor rund 200 km revidiert) nicht besser und nicht schlechter als ein aktuelles Cup-Motorrad. Nach dem Training stellte ich in der Boxengasse den Motor ab, bis wir dann über die Strecke konnten. Wie gewohnt drückte ich auf den Anlasserschalter. "Bssssssss" war das was ich zu hören bekam. Was denn nu??? Anlasserfreilauf! Super! Wer hat so was dabei? Keiner. Also: Anschieben. Da ich eh keine Angst haben mußte, aus Versehen auf einer Punkteplazierung zu landen, war das dann auch egal.

Abends habe ich dann die "Sonntagsverkleidung" montiert, alles sauber gemacht, Schrauben, Bremsbeläge und Ölstand kontrolliert (null Verbrauch!). Anschließend ging es dann zum gemütlichen Teil über mit Grillen und nicht zu viel Bier (wir sind ja zum Fahren da!). Teamchef Hänel präsentierte uns die neuen Teamhemden, damit wir wenigstens gut aussehen, auch wenn wir nicht die Schnellsten sind. ;-)

Jubi fühlte sich mittlerweile einigermaßen wohl auf der Cup-R6 und dem Sachsenring. Seine Freitagsbestzeit war eine 1.41,5 min. Abends fachsimpelten wir noch über Linienwahl, gute und schlechte Rennvorbereitung und Chancen für ihn in training und Rennen.

Samstag morgen zog dann starker Wind auf und Jubi mußte als Erster raus. Irgendwie klappte nichts bei ihm und er fuhr nur eine 1.44,5 min und war damit erstmal letzter Qualifizierter. Unfassbar. Er war geschockt und maßlos enttäuscht. Das Bier am Abend war schuld. Irgendwer oder -was mußte ja schuld sein ;-)

Nun war ich an der Reihe. Angefangen bei einer 1.45 min steigerte ich mich über eine 1,42, 1,41 und 1.40 min bereits in der 6. Runde auf eine 1,39,hoch min. Viel mehr fand ich zunächst aber nicht und mit einer 1.39,2 min wurde ich dann ebenfalls 44. und damit Letzter fürs Rennen Qualifizierter. aber immerhin schon mal im Rennen drin!

Den ganzen Tag sah es dann nach Regen aus. Aber nur wenige Tropfen vielen vom Himmel. Jubi gab im 2. Qulaifying dann mehr Gas und steigerte sich auf eine 1.41,0 min. Das ergab Startplatz 42. Immer noch maßlos enttäuschend für ihn. Er bekam die Härte des Lizenzsportes zu spüren. Man muß einfach in den 2 genau zeitlich vorgegebenen Qualifyings je 20, bzw. 30 Minuten die Leistung bringen und nicht, wie er es bisher von freien Trainings gewohnt war, irgendwann am Tag oder Wochenende. Außerdem hatten immerhin 25 Cupfahrer das Training in der Woche zuvor genutzt.

Bei mir lief es auch etwas besser und ich steigerte mich um 1 Sekunde auf eine 1.38,2 min. Das ergab Startplatz 43. trotzdem hatte ich in diversen Ecken noch immer keine brauchbare Linie gefunden und haderte auch noch etwas mit den DUNLOPS. Gegenüber meinen letztjährigen Reifen ahben sie zwar mindestens den selben Grip, jedoch muß man spürbar mehr mit dem Fahrwerk arbeiten. Außerdem funktionieren die DUNLOP-Reifen am Besten wenn man richtig schnell unterwegs sind. Bei halbherzigem Gas gibts heftige Schläge ins Fahrwerk.

Im 8.00-Uhr - Warmup am Sonntag war es dann wieder windstill. Innerhalb der 15 Minuten stellte ich dann fest, dass die Übersetzung doch paßt, fuhr schnell die Zeiten aus dem Quali und konnte mich ohne übertriebenes Risiko steigern um knapp 1 Sekunde.

Dem Rennen sah ich nun etwas entspannter entgegen, da ich mich bisher in jedem turn steigern konnte. Ich hoffte auf einen guten Start um mich an schnellere Fahrer "anketten" zu können.

Zunächst aber hatte erst mal Jubi sein erstes R6-Cup-Rennen. Nicht sonderlich nervös fuhr er in die Startaufstellung. Am Abend vorher hatte er noch ein Paar Zwillinge als Gridgirls für uns aufgetrieben (Bilder folgen). :-)

Nach gelungenem Start war er bereits Ende der 2. Runde auf Platz 31 zu finden. Von Runde zu Runde steigerte er sich, bis er unter gelb von 2 oder 3 Fahrern überholt wurde. Am Ende blieb dann doch nur der 31. Rang. Die beste Rundenzeit lag 3,2 Sekunden unter der Qualizeit: 1.37,8 min. Das Ergebnis war für ihn schon etwas enttäuschend, da er selbst eigentlich mit Mittelfeldplazierungen um Platz 20-25 gerechnet hatte.

Nun ging es auch für mich an den Start. Sonderlich nervös war ich auch nicht, es gab ja nichts zu verlieren. Der Start gelang dann  gut und ich überholte bis zur ersten Kurve 4-5 Fahrer. Mitten in der Kurve lagen dann unmittelbar vor mir 2 Motorräder und 2 Fahrer dabei. Prompt war ich eingeklemmt und kam fast zum Stillstand. Rechts war gar kein Vorbeikommen, links fuhren die anderen an mir vorbei. Irgendwann konnte ich dann weiterfahren. Schnell war mir klar, dass ich Letzter war, aber immer noch den Anschluß nach vorne hatte. Zügig ging es durchs Omega und durch die Doppellinks. Ausgangs dieser Kurve, beim Beschleunigen in die mit viel Schwung zu fahrende Bergab-Links kam dann kurz vor mir ein Fahrer auf die Idee, den Arm zu heben und sein Rennen wegen techn. Problemen zu beenden. Wieder kam ich in Bedrängnis. Dadurch dass ich schon in der Beschleunigungsphase war, konnte ich links nicht mehr vorbei und mußte das Gas zudrehen und ganz an den rechten Rand ausweichen. Als ich dann endlich durch die Kurve durch war, hatte ich ander Karthalle bereits einen Rückstand auf den Vorletzten von 40-50 Metern. Toll, dachte ich mir und gab trotzdem Gas. Am Ende der Runde war ich fast wieder ran und konnte schon bald Josic ausbremsen. Kurz davor fuhr Zuddas auf seiner Karthin-befeuerten GSXR-600. Da er sehr eckig fuhr, überholte ich ihn rasch und machte mich auf die Verfolgung der Vorausfahrenden. In der Runde drauf bremste Zuddas mich wieder aus und ich dachte mir, dass es vielleicht sinnvoller ist ihn erstmal vorzulassen und mich hinten anzuheften, da er im Training doch mehr als 1 Sekunde schneller war als ich. Zuddas überholte seinerseits dann Altzschner, der für mich aber zu einer harten Nuss wurde, da seine Suzuki mächtg Dampf hat. nur in den Ecken hielt er mich auf. irgendwann faßte ich mir ein Herz, legte ihn mir zurecht und bremste ihn Ende S/Z aus. Dann machte ich mich wieder auf die Verfolgung meiner Vorderleute, die allerdings schon rund 4 Sekunden entschwunden waren. Die Strecke war frei und ich fand einen guten Rhytmus. Die Zeiten der Vorderleute (Zuddas und Benlich) konnte ich locker mitgehen, aber ich kam kaum näher. Wahrscheinlich wäre ich mit schnelleren Piloten auch einfach mitgefahren, aber irgendwie hatte ich DEN Zug halt verpaßt. So ab der 5. Runde fuhr ich permanente 1.36er Zeiten. Ab der 8. Runde waren es dann 4 x hintereinander 1.36,5 min. Irgendwann kam dann Schulten unspektakulär vorbei, 2 Runden später Penz, dem ich zur Karthalle runter folgte und auch auf dem Bergaufstück noch was abgucken konnte. Den Vorderleuten kam ich geringfügig näher, als mich in der 14. Runde auf dem Bergaufstück Kirmeier überholte und in der folgenden Linkskurve auf letzter Rille Kenan Sofuoglo. (Trotz der zig Streckenposten gab es keine blauen Flaggen!) Ich mußte aufmachen und verlor etwas Schwung. Trotzdem wollte ich noch was mitnehmen und folgte den beiden wie ein Schatten durch die schnelle Rechts runter ins Tal. Mit rund 10 meter Abstand bremste ich fast genauso spät wie Kenan und kam auch gut durch die Links. Auch auf dem folgenden Stück hielt ich noch gut mit. Erst beim Beschleunigen auf die Zielgerade, als Kenan an Kirmeier vorbei fuhr, verlor ich noch einige Meter und wurde dann als 36. abgewunken. Unmittelbar hinter mir kam Altzschner ins Ziel. Josic hatte aufgegeben. meine Vorderleute hatten nur noch etwa 2,7 Sekunden Vorsprung. Davor klaffte allerdings eine große Lücke von mehr als 10 Sekunden. Meine schnellste Runde im Rennen war wieder mehr als 1 Sekunde schneller als im Warmup, aber halt noch nicht wirklich schnell. Zu allem Überfluss stellte sich in der Boxengasse noch ein Defekt am Kühler heraus, der wahrscheinlich durch einen eingeschlagenen Stein verursacht wurde. Es spritze direkt hinter dem Vorderrad munter auf den Asphalt.

Fazit: In Anbetracht des budgetbedingt fehlenden Trainings im allgemeinen und speziell auf dem Sachsenring, war ich natürlich rel. schlecht vorbereitet und muß mit dem erreichten Ergebnis zufrieden sein. Immerhin bin ich nach 5 x rausfahren auf regelmäßige 1.36er Zeiten gekommen. 1 Tag Training mehr sollte für 2 weitere Sekunden gut sein.

Euer # 47 Martin

Was uns sonst noch aufgefallen ist:

- Am Sachsenring gab es keine Brötchen zum Frühstück. :-(

- Dass einige Fahrer die Nase ganz schön hochtragen, wenn man so weit hinten fährt wie ich derzeit

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