Sprit gespart...
 

Nun stand es also an, unser "Heimrennen" am Nürburgring. Zwar waren Jubi und ich schon lange nicht mehr dort (ich genau vor einem Jahr zum IDM-Lauf), aber es kündigten sich bei Jubi 1000 Leute als Besuch an. Da mir das gar nicht so recht ist, habe ich in meinem Bekanntenkreis erst gar nicht große Werbung gemacht. Nach kurzer und schmerzloser Anfahrt (1 3/4 Std.) waren wir dann auch schon vor Ort. Jubi parkte dann auch im Cup-Fahrerlagerbereich relativ weit weg von meiner "Mannschaft". Für uns widerum hatte Teamchef Holger Hänel einen schönen Platz reserviert direkt vor der NGK-Schikane am Zaun.

Dieses Mal hatte ich meine Tochter dabei (1 Jahr und 1 Woche alt) und Olli Blasnik, der mir als Mechaniker hervorragende Dienste am Wochenende bot. Freitag Nachmittag wurde das Team dann noch vervollständigt durch Jan (Mechanikerhelfer) und seinen Kumpel Micha (Putzer, Grillgutmitbringer, Griller und Grillgutvernichter ;-)).

Mit dem 1. freien Training am Freitag war ich dann noch nicht sonderlich zufrieden. Die R6 rutschte übers Hinterrad beim Rausbeschleunigen und beim anbremsen fing sie erst hinten an hin und her zu eiern um dann das Eiern nach vorne zu übertragen. Ich hatte dann die Wahl, entweder Geradeauszufahren oder irgendwie einzulenken.

Kaum kam ich zurück zum Vorzelt spritzte schon wieder das Kühlwasser aus dem Kühler raus. Anscheinend war die Schweißnaht (nach dem Sachsenringrennen) nicht perfekt. Nachdem das Motorrad abkühlte und Olli den Kühler demontiert hatte, klebte uns der Mechaniker von Willi Bauer den Kühler wieder zu. Da durch einen Unfall beim GSXR-Cup-Training das 2. freie Training mit Verzögerung stattfand, schafften wir es das Motorrad wieder rechtzeitig   zusammenzusetzen.

Als ich dann rausfuhr, merkte ich aber wieder, dass was mit der Kupplung nicht stimmte, ich konnte den Hebel fast ganz durchziehen und sie trennte nicht richtig. Ich fuhr direkt wieder in die Boxengasse und stand überall vor verschlossenen Toren. Es gab keine Durchfahrt ins Fahrerlager. Ich habe dann einen Posten mit Flagge angehauen, der mir doch glatt erklärte, ich solle noch eine Runde rumfahren und dann direkt an der Boxeneinfahrt am Vorstart ins Fahrerlager fahren. Ich habe dann wild rumgeflucht, den MSC Freier Grund beschimpft wegen dieser idiotischen Organisation solch einfacher Dinge und habe dann versucht durch irgendeine Box zu kommen. Wir stellten die Kupplung noch nach und ich kam eine runde weit, da war das 2. und letzte freie Training vorbei. Super. Beste Bedingungen also mal wieder.

Im Laufe des Abends bereitete Olli dann mit Hilfe von Jan das Motorrad vor und ich konnte mich um meine Tochter kümmern. Am Fahrwerkssetup veränderten wir nur sehr verhalten etwas. Anschließend wurde dann gegrillt und wir ließen es uns bei supergeilem Wetter erst mal gut gehen. Und so kam es, dass Jan am Samstag losziehen und eine neue Kiste Bier und eine 2. Kiste Wasser besorgen mußte.

Im 1. Qualifying steigerte ich mich dann mit guten gebrauchten Dunlop-Reifen von der 1.39,5 min des freien Trainings auf eine 1.37,6 min, hatte aber mit den gleichen Fahrwerksproblemen wie am Tag vorher zu kämpfen. Es war irre heiß. Trotzdem stieg die Temperatur über Mittag weiter an. Da bei Wilbers leider niemand Zeit für eine kleine Setup-Hilfe hatte, veränderten wir auf Gefühl hin das Gabelsetup in Zug- und Druckstufe sowie Federvorspannung. Extrem, aber es mußte ja richtig was passieren.

Im 2. Qualifying gab ich nach besten Möglichkeiten Gas, konnte aber nie wirklich jemand finden, der mich auf schnelle Runden ziehen konnte. Beim Selbstversuchen wurde ich erst wieder langsamer und fand dann doch einigermaßen Rhytmus. Ich merkte, dass der Grip hinten etwas besser wurde und ich spürbar später bremsen konnte. Nur die Linie, die ich in der Mercedesarena fahren wollte, wollte die R6 so nicht halten. Außerdem ratterte die Gabel in den Kurven. Aber so lange es funktionierte, wollte ich nichts verändern.

Zum Hatzenbachbogen runter fuhr plötzlich Andy Heese mit seiner Ex-WM-Maschine von 2001 vorbei. Ich witterte ein gutes Zugpferd und hing mich in seinen Windschatten. Bis zum Anbremspunkt vor der NGK-Schikane verlor ich noch rund 5 Meter. Dann ging Andy in die Eisen und auf ziemlich letzter Rille bremste ich mich wieder vorbei. Erst Mitte der Start-Ziel-Geraden fuhr er wieder vorbei. Später sah ich in der Auswertung, dass Andys schnellste Runde 3,4 Sekunden schneller war als meine... Die Motortemperatur stieg derweil auf 95-97° und irgendwann schaltet die Anzeige auf "---". Ich hatte Angst dass der Kühler wieder undicht wurde und fuhr langsam weiter, bis die Temperatur sank.

Ich verbesserte mich um "lächerliche" 3/10 und hielt damit meinen  37. Startplatz (von 41). Beim Durchsehen der Auswertung sah ich dann aber dass sich nicht wirklich viele Fahrer verbessert hatten. Von daher mußte ich zufrieden sein, was ich aber nicht wirklich war. Ich hatte mir wirklich den A... aufgerissen und ich kam kein Stück vorwärts. Die Linie paßte, auf der Bremse war ich nicht schlecht, Rausbeschleunigen ging auch einigermaßen, nur auf den Geraden verlor ich Meter um Meter. Mir war klar, dass ich meine Zeiten allenfalls duch Schwung und Bremsen verbessern konnte.

Das abendliche Grillen war wieder recht amüsant und wir spielten mit Jans holländischem Puch-Mofa rum (Burnouts, Wheelys und Hinterradquerstellen beim Bremsen). Jubi erklärte ich, das es gar nicht so einfach war, damit die 1.38 min zu knacken..

Apropos Jubi. Im freien Training (er fuhr 3 Trainings) erreichte er hohe 1.38er Zeiten, die er in beiden Qualis leider nicht bestätigen konnte. Jedesmal blieb er knapp über der 1.39er Marke und fiel vom zunächst 29. Platz zurück auf den  34. Startplatz. Jubi veränderte sein Setup ebenfalls noch ("alles straffer"), konnte dies aber erstmal nicht ummünzen.

Olli stellte mir die Lenker noch anders ein und wechselte die Bremsflüssigkeit, Übersetzung paßte und von Dieter Hoch (TECMO) erhielt ich noch die fehlenden Teile zu meiner Fußrastenanlage, die ja leider noch immer nicht drauf war, was sich später als Fehler erwies...

Sonntag Morgen stand ich um 8 Uhr auf und Olli hatte die Reifenwärmer bereits eingeschaltet. Lisa (meine Tochter) schlief noch und ich bereitet mich aufs warmup vor.

Die Temperaturen waren um 8.30 Uhr natürlich noch niedriger als am Vortag, bei Wilbers war noch niemand da und so fuhr ich mit unverändertem Fahrwerk raus. Bei diesen Temparaturen funktionierte das ganze Motorrad viel besser und ich fühlte mich deutlich wohler darauf als am Vortag. Problemlos bestätigte ich in den 15 Minuten meine Zeiten vom Samstag. Nach ausgiebigem Frühstück (mit frischen Brötchen) zogen wir hinten noch einen 2 Qualis alten Hinterreifen von Christoph Kohnke und vorne den Rennreifen vom Salzburgring auf. (Neue Reifen brauche ich auf DEM Startplatz sicher nicht). Da mein Sprithaushalt nicht ganz reichte, schnorrte ich mir bei Ferdi Franz noch 3 Liter V-Power und mischte diese mit meinem restlichen Super-Plus. Letztendlich hätte ich diese gar nicht gebraucht, aber dazu später.

Punkt 11 Uhr startete nun Jubis Rennen. Von seinen 4 Gridgirls (seine beiden Töchter  und 2 Töchter seines Mechanikers) fanden nur 2 rechtzeitig den Weg in die Startaufstellung. Trotzdem (oder gerade deshalb) erwischte er wieder einen guten Start und kam so um Platz 25 aus der ersten Runde zurück. Im Verlaufe der weiteren Runden verlor er dann aber Platz um Platz und kam mit 1.38,4 min als bester Runde dann auf Platz 28 ins Ziel. Die Wette mit Peter Sluka, sie würden sich im Rennen noch sehen, hat er gewonnen: Nach etwa 8 Runden kam Ex-IDM-Fahrer Sluka nach schlechtem Start an ihm vorbei und konnte sich noch bis Platz 25 durchsetzen.

In der Startaufstellung wartete ich dann vergeblich auf Jessica, die ältere Tochter von Jubi, die mir als Gridgirl beistehen sollte, irgendwie hat sie mich nicht "gefunden" (???). Der Trainingsletzte, Ralf Altzschner, war zum Rennen gar nicht erschienen und so blieb die Startreihe hinter mir leer.

Zwar hatte ich mir die Startampel vorher nicht angesehen, aber ich kam trotzdem schnell vom Fleck weg und freute mich über den gelungenen Start als mir auffiel, dass die anderen 3 meiner Startreihe genauso gut wegkamen und wir bis zur ersten Ecke keine Plätze gutmachen konnten. Ab dem Moment war dann etwa 3 Runden lang Chaos angesagt, nix ging vorwärts, die Leute standen sich gegenseitig im Weg rum, es kam zu Berührungen, keine Ecke konnte ich mit Schwung fahren, was zur Folge hatte, dass ich überall auf den Geraden überholt wurde. Ich fluchte und dachte, dass ich Letzter bin, als mit einem irren Speedüberschuß Andreas Brandt auf der S-Z-Geraden vorbeischoß. Ich habe mich echt erschrocken. Ende der Geraden hatte er sicher 20 Meter Vorsprung und bremste mit rauchendem Hinterreifen quer auf die Kurve zu. Trotzdem kam ich innen wieder vorbei. Er überholte mich wieder und ich fiel fast 30 Meter zurück als einem anderen Fahrer kurz vor mir auf der S-Z-Geraden der Motor mit einer riesigen Qualmwolke platzte. Langsam fand ich dann aber endlich meinen Fluß und schloß innerhalb 2 Runden wieder zu Josic mit seiner 2003-er-Laaks-R6 auf. Brandt war zwischenzeitlich mit seiner Ex-Alpha-Technik-Honda an Josic vorbei und jagte nun Zuddas auf seiner Karthin-GSXR-600. Beim Aufschließen auf Josic fuhr ich schon 4/10 schneller als im Quali. Ich faßte mir dann ein Herz und bremste ihn in der 8. von 16 Runden vor der NGK-Schikane trotz Abstand mit einem, wie mir später gesagt wurde, sehenswerten Überholmanöver aus. Auf der S-Z-Geraden hatte ich nun Brandt vor mir, der mir wieder die üblichen 20 Meter dank power aufdrückte. Ich erkannte auf dem Laptimer, dass ich trotz Überholmanöver knapp 1 Sekunde schneller war als im Quali und fing an mich wohl zu fühlen. Nun, da Josic hinter mir bereits 1 Sekunde zurücklag widmete ich mich Brandt, der wieder mit rauchendem Hinterrad, aber viel zu früh, bremste. Ich fuhr innen durch und bog in die Haarnadelkurve ein. Nichtahnend fuhr ich über die dortige Bodenwelle, als die Gabel wieder kurz ratterte und ich dann übers Vorderrad vom Motorrad fiel. Im Fallen hielt ich die R6 noch fest und drückte dann auf den Kill-Schalter. Ich hob die Maschine auf und sah dass der Deckel dicht war. Beim nächsten Blick sah ich dann, dass die Raste der alten Fußrastenanlage abgebrochen war. Damit war ein Weiterfahren unmöglich und die Streckenposten schoben die R6 hinter die Absperrung. Sofort boten sie mir netterweise etwas zu trinken an, was ich dankend annahm. Mich noch ärgernd, aber im Bewußtsein, wirklich ALLES gegeben zu haben sah ich mir das Rennen an und dabei die prall gefüllten Tribünen. Enorm, der Publikumszuwachs bei der IDM.

Direkt in der Runde nach meinem Sturz räumte Brandt dann Zuddas auf der Bremse ab und Josic hatte nur noch Kawa-Weil-Fahrer Christian Podubrin als Gegner, der aber bald aufgab. Davor klaffte eine größere Lücke.

Das Rennen gewann Jörg Teuchert knapp vor Christian Kellner, die aber als Gaststarter keine Punkte bekamen. Beide natürlich auf ihren WM-YAMAHAS. Volle Punktzahl bekam erstmals Kenan Sofuoglu auf seiner Ex-WM-YAMAHA vor Phillip Hafeneger auf der LAAKS-YAMAHA. Schulten war mit seiner ALPHA-Technik-Honda auf Platz 5 angekommen.

Fazit: Es gibt Leute die Top-Material fahren und damit einfach nicht umgehen können. Für mich steht auf jeden Fall fest, dass ich dringend ein aktuelleres und leistungsstärkeres Motorrad brauche. Mit dem derzeitigen Material (dienstälteste IDM-Maschine) ist in der IDM kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Ich hätte da ja was in Aussicht, aber das liebe Geld...

Euer # 47 Martin

Was uns sonst noch aufgefallen ist:

- Dass ich jetzt von Joggi eine Kiste Bier bekomme, nicht wahr Joggi ;-)

- Dass Olli als Mechaniker super Arbeit abgeliefert hat und das Motorrad endlich mal in einen besseren technischen Zustand gebracht hat.

- Dass wir 2 Kisten Bier, 2 Kisten Wasser, 4 Liter O-Saft, 4 Liter A-Saft, 2 Liter Eistee, 2 Liter Milch und 3 Liter weitere Getränke vertilgt haben.

- Dass ich im Rennen trotz desselben Motorrads 2,2 Sekunden schneller war als letztes Jahr (ok, letztes Jahr war ich am Nürburgring wirklich nicht gut drauf).

- Dass der Sturz super harmlos war aber trotzdem das Ende im Rennen bedeutete.

-Dass ich dadurch rund 5 Liter Sprit und Reifenmaterial gespart habe. ;-)

- Dass der Sturz meine seit Anfang 1997 anhaltende Serie an Zielankünften in der jeweils eingeschriebenen Klasse beendet hat (51 Rennen).

__________________________________

zur news-Übersicht