Ein Super-Event zum Vergessen...
 

Kaum eine Woche war vergangen, seitdem ich in Oschersleben das erste Mal in diesem Jahr auf dem Motorrad gesessen habe, da ergab sich recht kurzfristig die Möglichkeit beim Racing Team Nord im 1000 km entfernten Brünn 3 Tage (Montag,15.4.- Mittwoch 17.4.) zu trainieren. Da ich selbständig bin und ein kleines Ladenlokal habe, ergab sich sehr positiv, dass meine Angestellte nach 3 Monaten Krankheit am Montag den ersten Tag wieder da war und den Laden offen halten konnte. Allerdings mußte ich Donnerstag morgen um 9 Uhr schon wieder bei einer Kundin auf der Matte stehen, deshalb beschloß ich nur 2 Tage zu fahren und den Mittwoch für die Heimreise zu nutzen. Also, Firma bis Samstag abend organisiert, danach Wagen gepackt und Sonntag morgen um 9 Uhr aufgebrochen. Olli-98 und Bodo waren schon aufgebrochen. Mit den beiden und ihren Frauen wollte ich mich vor Ort treffen und wir hielten regen "Funkkontakt".

Mit unserem MB 100 D kamen Manuela und ich auch ganz gut voran, jedenfalls deutlich schneller als sonst wenn der Wohnwagen dran hängt. Gegen 20.30 Uhr nach 930 km (50 km vor Brünn) dann der Schock: Mit einem lauten "KLACKKLACKKLACK" meldete sich plötzlich der Motor zu Wort. Ich sofort Kupplung getreten und rechts ran, der Motor starb bereits ab, mit Einkuppeln sprang er kurzzeitig noch mal an. Dann kamen wir mit stehendem Motor zum Stehen. Manuela und ich schauten uns an, schluckten kurz, dann habe ich sicherheitshalber dem MB noch einen Liter CASTROL -Öl vom Moped gegeben und er sprang zögerlich wieder an. Nach 300 Metern klackerte es wieder und ich fuhr wieder rechts ran. Kurz überlegt und beim ADAC in München angerufen. Die haben uns erstmal beruhigt und einen Pannendienst bestellt, der 55 Minuten später sogar schon eintraf. Der junge Tscheche war sehr freundlich, schaute sich alles an und schleppte uns erstmal zur nächsten Tanke in den sicheren Bereich, wo auch mehr Licht war. Dort zerlegte er alle einschlägigen Bauteile am Motor um den Motor zum Laufen zu bringen. Das Klackern konnte er natürlich nicht hören, aber er meinte "der Motor muß laufen" (auf deutsch!). Leider blieben seine Bemühungen erfolglos und auf unser Geheiß hin schleppte er uns dann die letzten 50 km bis ins Fahrerlager. Am nächsten Tag wollte ich eigentlich nur noch unsere Rückreise organisieren, aber Olli-98, Bodo und Manuela überzeugten mich doch davon, ein wenig Motorrad zu fahren, wenn ich doch gerade schon mal in Brünn bin. "Naja, ok", dachte ich mir, "dann fährste halt, aber richtig ist das nicht!" Wetter war auch nicht so doll, 6° Asphalt- und 5° Lufttemperatur um 11 Uhr. Dazu war der Himmel bewölkt und die Strecke rundum feucht. Für Regenreifen taugte es nicht und mit Trockenreifen war es auch nicht der tollste Grip. Egal, wenn viele Fahrer draußen sind, fahren wir die Strecke halt schnell trocken. Dem war nicht so. Trotzdem trocknete in manchen Kurven die Ideallinie langsam etwas ab und zum nächmittäglichen Qualifying für das Sprintrennen (für die 400er und 600er zusammen) wurde es etwas besser. Plötzlich konnte man von Runde zu Runde sehen wie der Asphalt trockener wurde und ich konnte die Zeiten gut steigern. Naja, bei einer Viertelstunde Zeit auf halbnasser  Strecke schafft man in Brünn 3 Runden. Meine schnellste Runde bei den Bedingungen war eine 2.31 min, während Thomas Lukaseder eine 2.23 min fuhr. Nichtsdestotrotz stand ich damit auf Startplatz 2 und der Dritte fuhr nur 2.40 min. Daran erkennt man denke ich recht deutlich was für Bedingungen dort waren.

Später am Nachmittag fuhr ich dann noch mehrere 2.25er Zeiten, aber man mußte die Ideallinie schon genau treffen. Peter Hecker machte das Ganze anscheinend nix aus, er fuhr mit seiner GSXR 1000 "mal eben" 2.15 min. Naja, ok, er kennt Brünn halt auch etwas besser als ich. Und in der Tageswertung war ich immerhin auch 15. von rund 100 Fahrern.

Abendprogramm: Carsten vom Racing Team Nord hat sich den MB 100 angesehen, wir haben ihn versucht anzuschleppen. Als er dann kurz lief, fing er sofort an zu klackern und wir stellten ihn wieder ab. Weiteres Programm: Mit dem ADAC telefonieren, Mittwoch morgen um 9 Uhr kommt der Abschlepper, organisieren, wer kann die R6 mitnehmen, wer kann Werkzeug und Kisten mitnehmen usw.

Von einem Streckenposten erfuhr ich dann, dass Dienstag Super-Wetter werde sollte, sie wollten nämlich Forellen angeln gehen und das geht wohl nur bei Sonnenschein! Und es war tatsächlich gutes Wetter am Dienstag! Sonne, etwas frisch, aber nachmittags mehr als 20° Celsius Asphalttemperatur! Vormittags habe ich dann einen Turn gefahren und mich auf 2.22.7min  verbessert. In der Mittagspause spendierte ich der R6 dann einen frischen Pirelli-Hinterreifen, da der Alte nicht mehr ganz so gut aussah, aber was erwartet man nach rund 400 km mit einem Reifen?

Mittags war ich dann mit den Gedanken bei meinem MB100. Was tun? Wie nach Hause kommen? Läßt sich der Motor reparieren? Das Ganze hatte einen Vorteil: Null Nervosität vor dem Rennen! Aber auch einen Nachteil: Der Gedanke "bloß nicht auch noch das Moped kaputt machen" fuhr die ganze Zeit mit. Nicht gerade förderlich für gute Rundenzeiten. Aber egal, wird schon gehen. Vielleicht kann ich mir bei Thomas Lukaseder eine schnellere Linie abschauen.

Den Start habe ich dann erst mal verhauen, die Drehzahl fiel nach 30 Metern in den Keller und ich mußte die Kupplung wieder ziehen. Prompt waren 2 Leute vorbei, die ich mir aber vor der ersten Kurve wieder schnappte. 3 Kurven später kam ein Suzuki-Fahrer aus einer anderen Nationalen Meisterschaft (ich glaube irgendwo aus dem skandinavischen Bereich kam er) vorbei und ich konnte mich als Dritter einklinken. Problem war dann die Motorleistung der Suzuki, auf den Geraden machte er Meter um Meter gut, in den Kurven und auf der Bremse waren wir etwa gleich gut. So verlor ich dann den Anschluß auch etwas, konnte aber beide Fahrer noch bis zu den Überrundungen in der 4. Runde sehen. Dann hatte ich leider nix mehr zum Abgucken und fuhr meine eigene Geschwindigkeit weiter. Von den Zeiten hatte ich leider auch keine Ahnung, da mein laptimer andauernd ausging und seinen Dienst versagte. Ärgerlich, da ich mich ziemlich dran gewöhnt hatte und mir selbst damit wunderbar Druck machen kann. Nach einem danach ereignislosen Rennen wurde ich dann als Dritter abgewunken und bekam abends bei der Racing Team Nord - Party sogar einen Pokal! Vierter mit etwas größerem Respektabstand wurde übrigens Sushi (bekannt aus Flo's R6-Forum) auf seiner R6, der nach einem Beckenbruch im Januar die Saison eigentlich schon abgehakt hatte und sich wacker nach vorne gekämpft hat!

Danach gab es im Abendprogramm noch zwei Strip-Tänzerinnen, die ich nicht gesehen hatte, da ich packen mußte :-( und DJ Olli-98 machte Musik bis zum Abwinken. Hilko Kraft spendierte noch ein Faß Bier und alle freuten sich des Lebens.

Bemerkenswert: Bis dahin gab es gerade mal eine Hand voll Stürze, wenn überhaupt! Der Zeitplan paßte 100%. Es war einfach perfekt organisiert. Noch mal großes Lob an  Racing Team Nord, die es mal wieder geschafft haben vom blutigen Rennstreckenneuling bis zum Beinahe-Profi alles unter einen Hut zu bringen!

Mittwoch morgen kam dann pünktlich um 9 Uhr der Abschleppdienst und fuhr uns zum Mercedeshändler, der eine kostenlose (!) Motordiagnose durchführte und uns dabei mit Espresso und Wasser bei Laune hielt. Resultat: Kolbenkipper und Kolbenklemmer. Geschätzte Kosten der Reparatur: ca. 80.000 Kronen = 2.500 EUR. Kurz geschluckt, mit dem ADAC in Prag telefoniert, Autorücktransport klargemacht, Leihwagen bestellt, Transporter zur Sammelstation transportiert, Leihwagen abgeholt, vollgeladen mit fast allem was noch im Transporter war und zurück ins Fahrerlager gefahren.

Dann der nächste Schock: Bodo hatte im ersten turn des 3-Stunden-Rennens zwar seine Rundenzeit noch mal richtig verbessert aber das Ergebnis teuer mit einem Highsider und einem 5-fachen Fußbruch bezahlen müssen. Von hier aus gute Besserung!

Peter Hecker hat mir dann das Motorrad  nach Deutschland mitgenommen, ein anderer Düsseldorfer Werkzeug und Kisten. Nach einem kurzen Stopp bei McDonalds ging es dann um 20 Uhr endlich Richtung Heimat. Um 5.20 Uhr waren wir zu Hause. Um 5.35 Uhr lag ich im Bett und pünktlich um 9 Uhr habe ich die Gardinen bei meiner Kundin aufgehangen. Ist doch perfekt, oder???

Ich kann nur hoffen, dass der Transporter in 2 Wochen hier gut ankommt, ich ihn günstig wieder zum Laufen bringe und ich irgendwie noch mal zum Trainieren komme und dabei den Kopf frei habe.

Aber wie heißt es so schön? Never give up! Alles wird gut!

Was uns sonst noch aufgefallen ist:

- Dass eine ADAC-Plus-Mitgliedschaft Gold wert ist.  

- Dass wir beim Mercedes-Händler, bei beiden                  Abschleppdiensten, bei der Autovermietung, bei der Sammelstation und beim ADAC in Prag richtig nette und zuvorkommende, deutsch- oder englischsprechende Tschechen kennengelernt haben.            

- Dass ins Fahrerlager abends ein Transporter mit drei Tschechen, davon zwei in Lederbekleidung mit Helm unter dem Arm kam und Gott sei Dank kein Motorrad wegkam... 

- Dass ein Skoda Fabia ein gutes Auto mit einem überraschend großen Ladevolumen ist.                             

- Dass ein Motorschaden nachts mitten in Tschechien nicht das Schlimmste ist, was einem passieren kann (siehe Bodo).                                                                 

- Dass die Strecke in Brünn zwar verdammt weit weg ist, aber eine anspruchsvolle Streckenführung hat und sich deshalb perfekt für Vorsaisontrainings eignet.                    

- Dass man durch einen zu überholenden Fahrer an der falschen Stelle in Brünn schnell 2-3 Sekunden verliert.       

- Dass man in Brünn viel Motorleistung gebrauchen kann. 

- Dass man auch mit wenig Motorleistung auf der richtigen Linie gute Zeiten fahren kann.                                          

- Dass das Racing Team Nord ein eingespieltes Team ist, dass solche Events echt perfekt organisiert.                     

- Dass man einen Pirelli-SC1-Vorderreifen eigentlich gar nicht kaputt bekommt.                                                    

- Dass man hin und wieder auch mal auf seine Frau hören sollte...

- Dass ich mit Sushi und Taddy schon wieder 2 nette Leute aus dem Internet kennengelernt habe.

Euer # 47 Martin

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