Back to the roots...
Das erste Abklopfen der Ssp-IDM-Konkurrenz in der Lausitz für das Racing Team Rath

Nachdem unser Transporter aus Tschechien wieder zurückgebracht wurde, konnten wir bisher leider noch keinen Ersatzmotor auftreiben und so erklärte sich ein Bekannter bereit, mir seinen Transporter für das Auftaktrennen am Eurospeedway zu leihen. Nachdem er am Montag abend aber selber an diesem Transporter einen Zyylinderkopfdichtungsschaden erlitt, teilte er mir dies Dienstag Nachmittag mit. Und das war der Beginn des großen Chaos. Die ganze Planung mußte umgeschmissen werden. Zeit zum Vorbereiten des Motorrades blieb nicht mehr, stattdessen mußte ich zusehen, das ich kurzfristig noch irgendwoher ein Transportmittel bekam, ohne dass ich arm werde (Vermietung ca. 360 EUR). Gleichzeitig war meine Lizenz, die von Hockenheim aus postalisch zugeschickt werden sollte, auch noch verschwunden und in der Firma lag Arbeit bis zum Abwinken rum. Also genau so, wie man es sich wünscht zum ersten Saisonrennen zu fahren... Eigentlich wollte ich schon alles absagen.

Nach endlosen Telefonaten mit zig Leuten kristallisierte sich letztendlich heraus, dass ich aufgrund des für das erste Rennen fehlenden Mechanikers, das Angebot von Florian annehme und an seinen Passat-Kombi einen kleinen Mietanhänger (2,05 m Innenmaß) hänge, der dann gleichzeitig mit Luma und Schlafsack als Behausung dienen mußte. In 3 verschiedenen Ecken fand ich auch alles Zubehör wieder, um auch den 6 Jahre alten 50-DM-Pavillion aufzubauen, damit ich wenigstens im Trockenen schrauben kann.

Zwischendurch dann noch mit der Post telefoniert (Lizenz blieb verschwunden) und Büroarbeit erledigt. Nachdem ich Donnerstag (Himmelfahrt) dann noch 2 Stunden im Büro gesessen habe, konnte ich dann endlich aufbrechen und war nach 7 1/2 Stunden Fahrt froh, endlich in der Lausitz angekommen zu sein.

Zelt aufgebaut, Moped und Werkzeug rein, Supersportkollegen begrüßt und eine Portion Nudeln mit Sauce geschnorrt.

Den Schriftzug hat Martin natürlich selbst genäht!

Am Freitag beim freien Training (3 x 20 Minuten zum supergünstigen Preis von 100 EUR...), zeigte sich dann leider sehr deutlich, dass meine R6 ein bißchen weniger Leistung hat als 95 % der anderen Motorräder, ich würd sagen so 15-20 PS. Im Prüfstandstest bei einem befreundeten Händler hatte ich erstmals Vergleichswerte anderer Ssp-Motorräder und einer Cup-Maschine von 2001. Das Ergebnis: 3,5 PS mehr als ein Cup-Motorrad und eine am Ende auf unter Serienniveau abfallende Kurve. Nicht gerade beste Aussichten auf einem Kurs mit 4 Geraden...

Richtig Spaß gemacht hat es dann auch erst mal nicht und meine Laune hing im Keller. Nachmittags kam dann Fam. Hänel aus Oelsnitz mit dabei und wir beschlossen, dieses Rennen als "Testrennen" zu sehen. Wir gingen dann zum gemütlichen Teil über und haben uns viel mit anderen Leuten unterhalten. Viele Fahrer hatten schon mehrere 1000 km dieses Jahr gefahren, ein paar wenige hatten erst ein oder zwei Trainingsevents besucht. Viel weiter war ich ja auch noch nicht.

Bei einem Blick in die  Boxen wurde mir fast übel, als ich sah, was da an Material aufgefahren wurde. Ich habe nochmal in den Kalender geguckt aber es war tatsächlich das IDM- und nicht das WM-Wochenende. Selbst Fahrer, mit denen ich mich letztes Jahr auf der Strecke permanent rumgeschlagen habe, hatten aufgerüstet: Z.B. hat Frank Rumpel  jetzt eine der Schulten-R6en aus dem Vorjahr und auch Andreas Brandt hat seiner CBR zu tüchtig Dampf verholfen.

Nichtsdestotrotz wollte ich mein Möglichstes geben und packte einen frischen Satz Pirelli auf die Felgen.            Nach dem 1. Qualifying war ich Bester! Allerdings nur mit der Anzahl der gefahrenen Runden, die Rundenzeit hatte ich nur um 1 Sekunde steigern können. Überraschanderweise waren noch 9 Leute hinter mir!         Es war frustrierend, tatenlos mitzubekommen, wie die anderen mich auf den Geraden überholten. In den Kurven, am Gas und auf der Bremse war ich dann aber wieder mit von der Musik.

Das zweite Qualifying war dann der erste Turn am ganzen Wochenende, der Spaß gemacht hat. Aber nicht wegen der nochmal um knapp 1 Sekunde verbesserten Zeit, sondern deshalb, weil ich eingesehen habe, dass ich mir bei diesem Rennen den Spaß auf andere Art und Weise holen muß, denn mit meiner Zeit von 1.51,7 min reißt man in der Ssp-IDM nix. Entsprechend war der Startplatz: zurückgefallen auf Platz 39 von 46 Fahrern.

Fürs warmup waren wir nochmal bei den Wilbers-Technikern und veränderten ein paar Kleinigkeiten am Federbein, was ich dann im Warmup ausprobierte. Auf Anhieb fuhr ich die selben Zeiten wie im Training und das Fahrwerk lag ruhiger auf der Bremse. Aber die 10-PS-Schraube lag leider nirgends im Fahrerlager rum.

Sonntag Nachmittag 14.50 Uhr dann Startaufstellung. Als einer der Letzten fuhr ich auf die Strecke. Plötzlich pötterte auf der Gegengeraden die R6, ruckelte und ging aus. Getankt hatte ich, das wußte ich. Was war es dann? Handschuhe aus, geguckt: Sprithahn zu! DEM Mechaniker gehört mal richtig in den Hintern getreten! Da fiel mir ein, ich hatte doch gar keinen Mechaniker dabei... Ok, Splinte rausgezogen, Tank hochgeklappt, Sprithahn umgelegt, runtergeklappt, Starter gedrückt: Brrrrummm, ab in die Startaufstellung. Ich hatte s ja auch nicht so weit, 3.-letzte Reihe, oder 10. Reihe von vorne. Also, die Ampel konnte ich noch sehen. In der Reihe direkt vor mir: Peter Sluka, eine Reihe weiter vor: Knut Beinlich. So nahe stehe ich doch sonst nicht bei den beiden? Hm, dachte ich mir, klink dich da doch einfach mal ein. Nervosität? Keine. Neue Reifen? Wozu auf Platz 39??? Ich hatte eine richtige LMAA-Stimmung, Hauptsache so weit hinten nicht runterfallen, war mein Gedanke.

Punkt 15 Uhr: Start. Ich kam recht gut weg, Knut blieb fast stehen und war sicherlich Letzter, plötzlich sah ich 10 Meter  vor mir Nina Prinz, die von 14 aus gestartet auch nicht richtig wegkam. Fein dachte ich mir. 3 Kurven später habe ich erstmal 5 Leute vor der Kurve auf die Gegengerade außen überholt um dann die Türe zuzumachen. Leider hatte ich dann den falschen Gang drin und habe ein paar Plätze wieder verloren. Ende der gegengeraden haben alle wieder früh gebremst und weiter vorne flog einer vom Moped. Eine Kurve später rote Flagge: Abbruch. Naja, so ist das nunmal in der Supersport-IDM. nur der eigentliche Grund für den Abbruch war ein Sturz von 2 Fahrern HINTER mir. Es ging dann sofort wieder in die Startaufstellung, wo wir dann 13 Minuten auf den Restart warten durften. Fast alle hatten Ihre Reifenwärmer wieder um die Reifen gelegt, nur ich nicht...

Dann der Restart. Wieder bin ich ganz gut weggekommen und wieder hatte ich Nina Prinz ein paar Meter vor mir. In der ersten Kurve dann unmittelbar neben mir rechts ein Sturz, ich kam gut vorbei. In der selben Kurve wie im ersten Rennen habe ich wieder 2 Plätze gut gemacht und kam diesmal im richtigen Gang auf die Gegengerade. jetzt wollte ich mich breit machen, als Peter Sluka an mir vorbeischoß (geht recht gut seine R6, dachte ich mir). Dann schön auf Kampflinie gebremst. Links, rechts und ab in die Kehre. "Wieso fahren die so 'langsam'" fragte ich mich und fuhr an Sluka einfach außen vorbei und setzte mich neben Beinlich, Nina war 2 Plätze vor mir. Die schnelle Rechts kam ich auch ganz gut durch, aber ich verlor schon wieder Meter auf den Geraden. So um Platz 30 fuhr ich dann über den Zielstrich. Ab da zog ich dann meine Renntaktik durch: Alle, die hinter mir fahren, dürfen nur mit Motorleistung, aber nicht auf der Bremse vorbei. Der Erste der es versuchte war Christian Wachter (Gewinner der Junior-Cup 2000 und letztes Jahr 6 Punkte in der IDM). 50 Meter vor dem Bremspunkt der Gegengeraden fuhr er locker an mir vorbei und setze sich unmittelbar vor mich. Kurz gedacht "Junge, so nicht" scherte ich nach links aus und bremste den Bengel auf letzter Rille wieder aus. Ok, die Links habe ich noch schön gekriegt, aber die Rechts... naja, egal, ICH war vorne!!!

Und weiter gings. Auf der Bremse sollte mich keiner kriegen. In der 3. oder 4. Runde überholte mich Sluka dann mitten auf der Geraden. Schade, der Abstand war am Bremspunkt dann zu groß. In der schnellen Rechts mußte ich dann zur Seite ausweichen um ihm nicht ins Heck zu fahren. Aber er blieb vorne. Eingangs Start-Ziel wollte ich mal ausprobieren, ob es stimmt, dass man dort früher Gas geben kann und dementsprechend Zeit gut machen kann. Mit wegrutschendem Hinterrad mußte ich dann einsehen, dass es nicht geht. jedenfalls nicht mit 200 km alten Reifen. Boxentafel: -0, also irgendeiner klebt mir am Hinterrad. Auf der Start-Ziel-Geraden kam dann Serge Fischer vorbei, konnte ich auch nix gegen machen. Dann wieder : -0  Ich mir gedacht "ja dann kommt doch, oder traut ihr euch nicht?" Aber niemand wollte vorbei. Dann letzte Runde, immer noch -0. Ausgerechnet da habe ich ein paar Meter früher gebremst, weil ich etwas weiter auf die Kampflinie gefahren bin. In dem Moment kam Norbert Jansen vorbei. Mist, und auch noch ausgebremst, grrr. Den Rest der Runde legte ich auf der Kampflinie zurück und wußte nicht, ob irgendjemand hinter mir war.

In der Auswertung habe ich später dann gesehen, dass Dirk Reißmann (war in der 125 ccm-IDM ziemlich weit vorne und sollte eigentlich 2002 GP fahren und hat einen der größten Busse im Fahrerlager) 4/10 hinter mir lag, gefolgt von seinem Teamchef Ralf Altzschner.

Interessant auch, dass sich in der letzten Runde noch 3 Leute ganz hinten im Feld Ende Start-Ziel ausrotteten, wovon 2 wohl noch z.T. ramponiert ins Ziel kamen.

Im Ergebnis war ich dann auf Platz 27.

Was uns sonst noch aufgefallen ist:

- dass insgesamt  5 Leute hinter mir gelandet sind, die in der Startaufstellung vor mir lagen

- dass etwa 5 Leute hinter mir gestürzt sind

- dass wir dieses Jahr etwa 3 Mal so hohe Temperaturen hatten wie letztes Jahr

- dass es 20 km entfernt wie aus Eimern geschüttet hat und am Eurospeedway nur einzelne Tropfen fielen.

- dass ich zum Ersten Mal seit Langem eine verdammt gute erste Runde gefahren bin

- dass die 10. Reihe ganz schön weit hinten ist

- dass es sehr schwer ist, sonntags morgens frische Brötchen aufzutreiben

- dass man auch in einem winzigen Anhänger gut schlafen kann

Euer # 47 Martin

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