Die Trauben hängen hoch...
Der vorletzte Lauf zur Supersport-IDM stand unter dem Zeichen der Terroranschläge in den USA. Neben einer einzigen auf Halbmast hängenden Deutschlandflagge wurden keinerlei andere Flaggen gehißt und am Rennsonntag wurde eine Gedenkminute eingelegt. Dazu hat sich das gesamte Publikum von den Sitzen erhoben.

Nachdem es kein freies Training am Freitag gab, hatte ich so meine Bedenken, ob ich es hinbekomme, nach einer 4-wöchigen Pause, in der ich nicht einmal zum Trainieren losziehen konnte, auf Anhieb im ersten Qualifying gute Rundenzeiten zustande zu bringen. Dazu kam auch noch die Schwierigkeit, dass ich mit gebrauchten Reifen fahren mußte, da das Budget nicht mehr her gab. Nach 5 Runden hatte ich dann auch meine schnellste Runde gefahren, da sich anschließend der (auch noch zu weiche ) gebrauchte Hinterreifen zu Wort meldete und von mir verlangte, dass ich ihn beim Beschleunigen nicht so strapazieren solle. Daraufhin versuchte ich den Rest des Trainings auf der Bremse Zeiten zu holen, was aber irgendwie auch nicht funktionierte und so lag ich mit einer 1.38,6 min an vorletzter Position.

Fürs 2. Qualifying hofften wir darauf, dass der Wettergott ein Einsehen mit mir hat und es nicht regnet. Unser Wunsch wurde erfüllt, es blieb trocken und ich zog einen neuen Hinterreifen auf. Florian meinte, dass ich er mich so einschätzte, dass ich wahrscheinlich noch knapp unter die 1.38-Marke komme. Ich sagte "schau mer mal" und hoffte darauf, dass ich tatsächlich unter 1.38 min fahre, denn so schnell war ich in Oschersleben noch nie.

Ich fuhr also etwas angespannt auf die Strecke und hatte prompt, als die Reifen warm waren, jemand vor mir, der irre spät bremste, aber in den Kurven einfach nicht aus dem Quark kam. Nachdem ich nicht vorbeikam, fuhr ich in die Box um nach kurzer Pause einen neuen Angriff zu starten. Ich fuhr also erneut raus und hatte abermals einen solchen Fahrer vor mir, der mich einfach nicht vorbeilassen wollte. Jetzt hatte ich die Faxen dicke und ließ mich einfach deutlich zurückfallen. Als dann Roger Maher vorbeikam und mir zeigte, wie schnell man durch die Schikane fahren kann, habe ich mich angehangen und  mich an die Verfolgung gemacht. Zwar habe ich nach und nach den Anschluß wieder verloren, aber ich konnte Roger fast 3 Runden lang beobachten und habe dadurch meine schnellste Rundenzeit gefahren. Als ich auf meinem laptimer eine 1.36,89 min las, wäre ich fast vom Motorrad gefallen! Das hat meine Erwartungen weit übertroffen und tatsächlich habe ich mit dieser Zeit eine Verbesserung bis auf Platz 25 erreicht.

Als ich mir die Auswertung des Trainings ansah, konnte ich mir ein GRINSEN nicht mehr verkneifen: Ich hatte den Gewinner des YAMAHA-R6-Cup 2000, Phillipp Ludwig und den Gewinner des ADAC-Junior-Cup 2000, Christian Wachter auf die Plätze hinter mir verwiesen!

Natürlich war mir klar, dass die beiden sich das im Rennen nicht gefallen lassen werden, aber es war schon eine feine Sache, mal nicht 2 oder 3 Reihen dahinter zu stehen, sondern gleichzuziehen.

Am Rennsonntag ging es mir dann nicht so gut, es meldete sich eine leichte Erkältung an und ich nahm erstmal ein paar Aspirin. Zwar war ich hundemüde (trotz 8 Std. Schlaf) aber erst eine Stunde vor dem Rennen fand ich endlich die Ruhe und legte mich aufs Ohr. Nur, schlafen ging irgendwie nicht.

Der Aufruf zum Rennen kam dann sehr früh und ich bereitete mich vor, eigentlich hatte ich gar keine Lust mehr, ein Rennen zu fahren, aber wenn man schon mal da ist...

Ok, rauf auf die WEGNER-R6, die von Florian noch mal gut vorbereitet worden war, Bremsbeläge schnell eingefahren und schon ging es los in die warmup-lap. Den Start zum Rennen erwischte ich dann zunächst auch ganz gut und wollte links an meinem Vordermann vorbei, doch da war dann schon Phillipp, so fuhr ich rechts dran vorbei und überholte dafür in der ersten Links erstmal noch ein paar Konkurrenten. Ab der Hasseröder Kurve war dann aber irgendwie Chaos und ich kam nicht gut durch. Vor der 3-fach-Links schlupfte mir dann Nina Prinz durch, die dann ein paar Meter gutmachte. Als dann auch noch Knut Beinlich, der nach einem sehr schlechten Start aus den vorderen Startreihen, mich zurücküberholte und dann auch an Nina vorbei war, wurde die Lücke zu Nina größer und ich hatte keinen Windschatten mehr. Gleichzeitig hatte ich noch Druck von meinen Hinterleuten, der sich aber, nachdem ich meinen Rhytmus gefunden hatte, von alleine erledigte, da Altzschner, der hinter mir fuhr, nicht mit mir mithalten konnte.  

      Martin vor Nina am Nürburgring

Die Lücke nach hinten wurde immer größer, während der Abstand zu Nina gleichblieb. Ich blickte jede Runde auf die Boxentafel und den laptimer und konnte es kaum fassen, ich fuhr permanent 1.36er Zeiten und kam nicht näher. Nina fuhr wirklich stark und äußerst beständig. In der 11. Runde merkte ich dann, dass Nina etwas nachließ und ich Millimeterweise näher kam. Ich mobilisierte nochmal alle Möglichkeiten und machte noch mal richtig Druck. Die vorletzte Runde war dann auch meine schnellste Runde und die letzte Runde war nur 2 Zehntel langsamer. Der Abstand wurde zuhends kleiner, trotzdem schaffte ich es nicht mehr ganz, Nina einzuholen und wurde als 24. abgewunken.

Nüchtern betrachtet kein Super-Ergebnis. Aber halt nur, wenn man sich die Auswertung nur flüchtig ansieht. Bei einem genaueren Blick fielen uns ein paar Dinge auf, die uns das Wochenende dann doch als Erfolg sehen ließen:

1.) Meine schnellste Rennrunde war eine 1.36,29 min und damit 2,8 sec schneller als im ersten Ssp-Rennen in Oschersleben und knapp 2 Sekunden schneller, als nach 2 Jahren mit der Cup-R6.

2.) Sind 3 oder 4 Leute (von insgesamt 5 Fahrern) HINTER mir ausgefallen!

3.) Bin ich trotz der ersten Chaosrunde nur 10 Sekunden hinter Phillipp Ludwig und Knut Beinlich durchs Ziel gefahren, im YAMAHA-Cup waren es meist 30-40 Sekunden.

4.) Dazu kommt noch, dass ich nur 2/10 langsamer als Phillipp und 5/10 langsamer als Knut war, die beide auch noch über besseres Material verfügen.

5.) Bin ich nur 12 (ZWÖLF!!!) Sekunden hinter dem letzten Punkterang durchs Ziel gefahren und war noch weit von einer Überrundung entfernt.

6.) Nicht zu vergessen auch die Startposition vor zwei namhaften Titelträgern der hochrangigsten Cup-Klassen Deutschlands.

Also alles in allem eine gute fahrerische Basis um im nächsten Jahr um Punkte zu fahren. Zwar hängen die Trauben in der Supersport-IDM sehr hoch, trotzdem sollte es möglich sein, auch mit unserer nicht so hochgezüchteten Supersport-R6 einige von ihnen zu ernten, auch wenn damit die "Leiter etwas zu kurz ist".

Euer # 47 Martin

 

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